Die Vorsitzende des Fachverbandes der angestellten und beamteten Ärztinnen, Marburger Bund, Susanne Johna hat den ab 6. April geplanten Modellversuch im Saarland heftig kritisiert. Der Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) möchte die Corona-Beschränkungen weitgehend aufheben und das durch vermehrtes Testen ausgleichen. In der Rheinischen Post wandte sich Susanne Johna gegen einen Modellversuch in einem ganzen Bundesland. „Wo immer es Modellversuche geben wird, brauchen wir eine enge Überprüfung der Ergebnisse“ wird Johna zitiert. Es müsse eindeutg geklärt werden, was positiv getestete tun müssen und eine Quarantäne müsste auch überprüft werden. Es sei auch völlig unklar wie verhindert werden sollte, dass Menschen aus anderen Bundesländern zum Einkaufen ins Saarland einreisen. Deutschland befinde sich in der dritten Welle der Epidemie. Modellversuche könnten keine Alternative zu einem Lockdown sein.
Kritik an dem Vorgehen des Saarlandes kam auch von der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD). Sie warf der saarländischen Regierung unsolidarisches Verhalten gegenüber anderen Bundesländern vor. Das Saarland habe aufgrund seiner Grenzlage trotz niedriger Inzidenz zu Lasten anderer Bundesländer zusätzlich zu seinen 100 000 Impfdosen, 80 000 Impfdosen weitere bekommen. Nun nutze das Saarland diesen Vorsprung für einen Modellversuch.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wies darauf hin, dass Österreich gerade eben erst mit einer Strategie aus Öffnungen und Testen gescheitert sei. Nachdem in Wien die Inzidenz auf über 300 gestiegen war musste Österreich zu harten Lockdown-Maßnahmen in drei Bundesländern zurückkehren.
Ein weiterer Großversuch mit Öffnungen und Testungen ist in der Stadt Köln geplant. Ein weiterer läuft bereits in Tübingen. Das Robert Koch Institut rechnet mit einer Verzögerung von bis zu 9 Tagen bis eine Infektion durch Test nachgewiesen ist und in der Statistik des RKI auftaucht. Außerdem kann man die Wirkung eines Modellversuches auch nur über einen gewissen Zeitraum bewerten. Daher besteht bei Modellversuchen die Gefahr, dass ein Scheitern zu spät bemerkt wird. Außerdem wecken Modellversuche in ganzen Bundesländern oder großen Städten natürlich die Begehrlichkeiten an anderen Orten.