Kritik: EU verpasst Chance im Kampf gegen den „Überwachungskapitalismus“

Kritik: EU verpasst Chance im Kampf gegen den „Überwachungskapitalismus“

Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer hat den Stand der Verhandlungen zum Digitale-Dienste-Gesetz der EU heftig kritisiert. Nach Breyer hat die EU ihre Chance im Kampf gegen den Überwachungskapitalismus verloren. Das Europäische Parlament sei im vergangenen Jahr mit seinen Forderungen „als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet“. Breyer hat als Berichterstatter des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres selbst Forderungen zu dem Gesetz formuliert, die aber nur in abgeschwächter Form Unterstützung durch Mehrheiten im Ausschuss gefunden haben. Der Begriff Überwachungskapitalismus wurde von der US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlerin Shoshana Zuboff geprägt und zielt auf den lukrativen Handel mit Informationen über Nutzer*innen für kommerzielle und politische Interessen.

 

Lautgesetzesentwurf sind die Überwachung zu Werbezwecken und die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen sei weiter erlaubt. Immerhin könnten sich die Nutzer*innen künftig mit einer Funktion „do not track“ dagegen entscheiden. Die heiß diskutierten „Uploadfilter“ werden nicht vorgeschrieben, dürfen von den Internetplattformen aber „freiwillig“ installiert werden. Behörden bekommen das Recht ohne Gerichtsbeschluss umfangreiche Surfprotokolle von Nutzer*innen anzufordern. Ein Recht auf Anonymität im Netz gibt es nicht.

 

Wegen einer Identifizierungspflicht beim Ablegen von Bildern in Pornouploaderdatenbanken fürchtet Breyer, im erwartbaren Falle von Hacks befürchtet Breyer Stalking und Bedrohung von Sexarbeiter:innen, LGBTQI-Personen, politisch exponierter und gefährdeter Personen.

 

Außerdem kritisiert Breyer unter anderem die Einschränkung der Informationsfreiheit. Inhalte im Netz könnten weiter ohne Gerichtsbeschluss gelöscht werden, selbst wenn sie im Land, in dem sie gepostet wurden völlig legal seien. Viktor Orbán könne also selbst in Deutschland Inhalte löschen auf der Grundlage seiner Gesetze löschen, meint Breyer. Immerhin sei die Möglichkeit Nutzer*innen automatisch zu sperren verhindert worden.

Immerhin ist die vorgesehene Öffnung der Ende-zu-Ende Verschlüsselung im Entwurf gestrichen worden.

Am Montag wird der federführende Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über den Entwurf abstimmen.