Das Geheimnis der blauen Dame - Ungelöste Rätsel in Cannes!!!

Der Medienrummel hier ist enorm, es sind Tausende von Journalisten akkreditiert, und Unmengen von Fotografen und TV-Teams...
Und alle brauchen taeglich Stoff...!IMG_1407.geaendert
Den gibt es angesichts der Unmengen an Filmen hier zweifellos zur Genuege... Aber ich glaube, fuer die meisten meiner Kollegen ist der Promi-Faktor und der Glamour wichtiger als die Filme.

Das soll nicht ueberheblich klingen - wenn ich eine Akkreditierung von einem Boulevardblatt oder einer der gelben Friseurzeitschriften hatte, wuerde ich vermutlich auch sechs Stunden am roten Teppisch stehen, die Kamera in der hand, statt mir in der Zeit drei neue Filme anzusehen... So hat eben jede/r seinen/ihren Job...

Das Geheimnis der blauen Dame - Ungelöste Rätsel in Cannes!!!

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Der Medienrummel hier ist enorm, es sind Tausende von Journalisten akkreditiert, und Unmengen von Fotografen und TV-Teams...
Und alle brauchen taeglich Stoff...!
Den gibt es angesichts der Unmengen an Filmen hier zweifellos zur Genuege... Aber ich glaube, fuer die meisten meiner Kollegen ist der Promi-Faktor und der Glamour wichtiger als die Filme.

Das soll nicht ueberheblich klingen - wenn ich eine Akkreditierung von einem Boulevardblatt oder einer der gelben Friseurzeitschriften hatte, wuerde ich vermutlich auch sechs Stunden am roten Teppisch stehen, die Kamera in der hand, statt mir in der Zeit drei neue Filme anzusehen... So hat eben jede/r seinen/ihren Job...

Aber ich muss zugeben, dass ich auch  nicht voellig resistent bin, was den Promi- und Glamour-Faktor angeht, er gehoert hier einfach mit dazu.
Und wenn alle Journalistenkollegen um mich herum fast ausflippen, weil angeblich jemand eben Brad Pitt, Woody Allen oder Asia Argento irgednwo entdeckt hat, dann zuecke auch ich schnell meine Kamera.
Auch wenn da oft nur recht verwackelte Bilder rauskommen, denn scharf sind die Bilder eben nur dann, wenn Frau oder Herr Superstar wenigstens mal eine Sekunde lang stehen bleiben, statt von den Herren der Festivalsecurity zuegig durch die Gaenge geleitet zu werden, um den Fans und AutogrammjaegerInnen zu entgehen.

Heute gab es die Premiere des Dokumentarfilms "Haiti", produziert von Sean Penn, der mit einer NGO dort zusammen mit anderen Schauspielkollegen den Erdbebenopfern helfen will.
Am Ende der Pressekonferenz ist mir ein schneller Schnappschuss von Sean gelungen, immerhin.
Aber als der dann im Promi-Aufzug entschwunden war, um in Sicherheit zu gelangen, blitzten die Kameras meiner KollegInnen weiter...
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Die Dame in Blau ... Es war ein ganzer Pulk an A- und B-Prominenz aus Hollywood aufgelaufen, um die Doku zu promoten.
Auffaellig war eine Dame im blauen Kleid, zweifellos eine Schauspielerin, ohne Zweifel beruehmt, begabt, wichtig, talentiert, eine der grossen Hoffnungen des Kinos, eine der vielversprechendsten Entdeckungen dieses Regisseurs oder jenes Produzenten...
aber...
Wer ist sie eigentlich? Okay, ich hatte keinen blassen Schimmer, aber der allgemeine Hype um mich herum steckte mich natuerlich mit an...
Also habe ich, mit viel Einsatz und nach mehreren verwackelten Versuchen, auch ein paar schoene Schnappschuesse der schoenen Dame in Blau hinbekommen.
Als auch sie in dem Aufzug verschwunden war, habe ich mir ein Herz gefasst und meine Nachbarin, die mit ihrer Profikamera sicher viel bessere Bilder geschossen hatte als ich mit meiner kleinen Digitalen, gefragt (ungern, weil man unter Profis es  ja nicht so gerne zugibt, dass man keinen blassen Schimmer hat)...
Wer, habe ich sie also gefragt, ist eigentlich diese grossartige, talentierte, begnadete Schauspielerin in Blau, die wir da eben alle mit einem betraechtlichen Blitzlichtgewitter verewigt haben?!
IMG_1409.geaendertSie schaute mich nur an (und ich fuehlte, wie meine ahnungslose Unprofessionalitaet zum Greifen war, die Abgruende meines erbaermlichen Nichtwissens einen unendlich tiefen Graben zwischen uns aufrissen, gegen den der Marianengraben nur eine Pfuetze war), doch dann, zoegernd, widerstrebend brachte sie jene Worte hervor, die mich einerseits erleichterten, andererseits mir doch keine Erloesung brachten, als sie sagte:
"Sorry, I don't know!"

Sie hatte ebenfalls keine Ahnung. Beruhigend, aber damit blieb die Frage ungeklaert.

Unmittelbar darauf wurde die Zusammenfassung der Pressekonferenz auf dem grossen Bildschirm im Gang des Pressebereichs nochmals gesendet, und wieder tauchte sie auf, neben Sean Penn und den Anderen, die Dame in blau.
Etwas mutiger geworden, fragte ich den alten Haudegen neben mir, sicher ein Veteran der Filmkritik, einer jener Vollblutprofis, der vermutlich seinerzeit bereits mit Marlon Brando abends gesoffen, mit Romy eine Nacht verbracht und dann am naechsten Morgen in der Hotellobby mit Katherine Hepburn einen Cognac gefruehstueckt hatte, dieses abgebruehte Fossil also fragte ich, in diesem Fall ohne Bedenken den blutigen Anfaenger herauskehrend, wer denn eigentlich diese eine Schauspielerin da sei, jene hier an der Seite, die in diesem blauen Kleid...
Die Antwort fiel ernuechternd aus: "Pardon, je n'ai aucune idee!", ich habe auch keine Ahnung!

Mittlerweile kenne ich auch ein paar Tricks - die meisten der Stars verlassen das Gebaeude nach den Veranstaltungen durch den Hinterausgang, den sogenannten "Entree des Artistes", auf der Rueckseite des unuebersichtlichen Gebaeudekomplexes.
Und von der dritten Etage aus gibt es eine kleine Tuere, die zu einer Art Bruecke fuehrt, ein Holzsteg, um einen anderen Gebaudeteil zu erreichen.
Und von diesem Steg aus hat kann man  von schraeg oben, aus der Hoehe, auf eben jenen "Entree des Artistes" herunterblicken.
Schnell rase ich durch die Gaenge, vielleicht erwische ich ja Sean Penn nochmals von oben aus, und diesmal weniger unscharf...
Atemlos erreiche ich den Steg, nachdem ich dreimal streng dreinblickenden Ordnern meinen Akkreditierungsausweis gezeigt habe...
aber Charity-Sean ist schon weg!

Neben mir steht eine italienische Pressefotografin, die teure Kamera schussbereit in der Hand.
Und da taucht sie wieder auf, die Dame in Blau, bahnt sich den Weg durch die Security-Truppen und Verehrer (sollte auch ich mich mittlerweile dazu zaehlen duerfen?), und, JAAA! es gelingt mir nochmals, sie in Pixeln zu verewigen, und auch meine Nachbarin mit ihrer Profiausruestung  knipst gleich eine ganze Serie von der geheimnisvollen Schoenen...
Die Dame schwingt sich mit gekonntem "Einsteigen-mit-kurzem-Kleid"-Dreh in die schwarze Limousine, die vor dem Eingang bereits wartet, und entschwindet.
Also, Mut gefasst, und meine italienische Kollegin um Hilfe bittend, wage ich es erneut, jene Frage zu stellen, die mir auf der Seele liegt...

"Scusate, non lo so!" Tut mir leid, ich weiss es nicht, wer das war!, erklaert sie mir, und verschwindet - in Richtung der Espressobar in der Pressezone.

Und laesst mich allein, mich und meine Kamera, mit meiner Sammlung an Schnappschuessen, in der sich als haeufigstes Motiv des Tages sie findet, sie, die Dame in blau...
Was aber faengt man an mit Festivalbildern, bei denen man keine Ahnung hat, wer eigentlich drauf ist?
Wie und wo soll man sowas veroeffentlichen?
Wem dreht man das an?
Was schreibe ich in mein persoenliches Cannes-Fotoalbum?IMG_1406.geaendert

Wie soll ich angeben mit Bildern vom wichtigsten Filmfestival der Welt, wenn ich dazu nur sagen kann: "Ja, und dieser unscharfe Fleck hier ist Sean Penn, kann man nicht erkennen, ich weiss, aber er war es wirklich... Naja, und daneben, diese Dame in Blau, ich weiss den Namen leider gerade nicht mehr, weisst du, es sind einfach so viele beruehmte Leute auf dem Festival jedes Jahr, aber sie ist auf alle Faelle auch eine der ganz Grossen, diese beruehmte, ueberaus talentierte, begabte, aufsehenerregende, von den Kritikern in den Himmel gepriesene, begnadete Hoffnung des jungen Kinos...

ASR