Veranstaltungsreihe zum 80. Jahrestag: Gedenken an die Deportation jüdischer Menschen nach Gurs

Gedenken an die Deportation jüdischer Menschen nach Gurs

80 Jahre Gedenken an die Deportation jüdischer Menschen nach Gurs

Ein Blumenkranz liegt vor dem Gedenkbrunnen der Alten Synagoge. An dessen Rand sind Blumen abgelegt.
Blumen am Gedenkbrunnen der Alten Synagoge. Never forget - never forgive.
Lizenz: 
CC Attribution, Non-Commercial, Share Alike
Quelle: 
JR für RDL

Das 80-jährige Gedenken an die Deportation von Jüdinnen und Juden aus Freiburg, Baden und der Pfalz nach Gurs wurde 20.-22. Oktober mit einer Veranstaltungsreihe begangen. In dem Rahmen fanden zwei Vorträge, zwei Stadtführungen, eine Gedenkminute am Vergessenen Mantel und die zentrale Gedenkfeier auf dem Platz der Alten Synagoge statt.

1. Vortrag: Die öffentliche Deportation nach Gurs vor 80 Jahren. Bild- und Filmdokumente

Die Veranstaltungsreihe begann am 20. Oktober 2020, mit einem Vortrag von Dr. Christoph Kreutzmüller. Dieser ist Projektleiter einer Ausstellung zu Gurs, die das Haus der Wannsee-Konferenz im Auftrag des baden-württembergischen Kultusministeriums derzeit vorbereitet und die 2021 vorgestellt wird. Sein Vortrag beschäftigte sich mit dem mittlerweile zahlreich vorliegendem Foto- und Filmmaterial zur Deportation der badischen Jüdinnen und Juden am 22. Oktober 1940.

Wer sind die Menschen, die die Deportation vor aller Augen im öffentlichen Raum organisieren, durchführen, bewachen und überwachen? Wer sind die Fotografen? Was dokumentieren sie? Die verschiedenen Blickwinkel der Opfer, der Täter, der Mittäter und der Zuschauer stellt er in den historischen Kontext und in Bezug zum gegenwärtigen Wissensstand zur Deportation der badischen Jüdinnen und Juden.

Vortragsmitschnitt: 48:31

Diskussion im Anschluss an den Vortrag: 18:21

Die im Vortrag gezeigte und besprochene Filmaufnahme "Bruchsal judenfrei" kann hier angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=5kYk1Q0LcTI

Vor dem Vortrag stellten zwei Beteiligte des Videoprojektes zu dem Max Herre- Song "Berlin - Tel Aviv", das Musikvideo vor, das am 22.10. Premiere feierte: https://www.youtube.com/watch?v=9nIYVqQA4Uw

2. Vortrag: Die Geschichte des Platzes der Alten Synagoge aus eigentumsrechtlicher Perspektive

Am zweiten Tag der Veranstaltungsreihe, dem 21.10.2020 fand im Bürgerhaus am Seepark ein weiterer Vortrag statt. Julia Wolrab M.A., die vor nicht allzu langer Zeit als Leiterin des Dokumentationszentrum Nationalsozialismus in Freiburg ernannt wurde, sprach über: Die Geschichte des Platzes der Alten Synagoge aus eigentumsrechtlicher Perspektive.

Vortragsmitschnitt: 56:51

Diskussion im Anschluss an den Vortrag: 26:09

3. Stolperstein-Führung

Der Gedenktag am 22.10. startete um 11 Uhr mit einer Solperstein-Führung. In dem Rundgang, der an der ehemaligen Gestapo-Zentrale und heutigem Basler Tor startete, erläuterte Marlis Meckel vom Freiburger Stolperstein-Projekt die geschichtlichen Hintergründe zu ein paar ausgewählter Steinen. Meckel machte außerdem auf Schwierigkeiten aufmerksam, der sie bei der Verlegung von Stolpersteinen und auch bei der Benennung der Nazi-Vergangenheit z.B. des Basler Hofs begegneten.

Während der Führung wurden die Stolpersteine, die besucht wurden, von Teilnehmenden gereinigt.

Station 1: 15:01 Station 2: 17:45 Station 3: 5:31 Station 4: 12:32 Ergänzungen: 7:41

RDL fragte im Anschluss an die Führung nach den Schwierigkeiten um eine angemessene Benennung der ehemaligen Gestapo-Zentrale im Basler Hof 1:18 sowie nach einem Statement zur Kritik teilw. auch von Überlebenden, die sich Gedenktafeln statt Stolpersteine wünschten 2:48. Eine Teilenehmerin der Führung äußerte sich RDL gegenüber ebenfalls: 1:33

 

4. Stadtführung: Jüdische Geschäftsleute, die mit ihren Familien nach Gurs deportiert wurden

Bernd Serger führte die Gruppe Interessierter an verschiedene Orte in der Freiburger Innenstadt, an denen jüdische Bürger*innen einst gelebt, oder gearbeitet haben und erzählt die Geschichten von Verfolgung, Enteignung und Arisierung.

Die zweiteilige Stadtführung wurde durch eine Kranzniederlegung und Gedenkminuten am "Vergessenen Mantel" unterbrochen. Das Denkmal an der Wiwilli-Brücke befindet sich in Sichtweite des damaligen so genannten "Umschlagplatzes", jenen Ort, an denen die jüdischen Menschen in die Wagons gezwungen wurden.

Station 1: Warenhaus Lindemann 9:26

Zwischenstation: Freiburger Leder(waren)haus 2:57

Station 2: Friedrich Meier-Bloch 7:33

Station 3: Julius Marx 5:53

Gedenken am "Vergessenen Mantel": 10:44

Station 4: Schuhhaus (Alfons) Adler: 14:05

Station 5: 9:39

5. Die Gedenkfeierlichkeit auf dem Platz der Alten Synagoge

Die diesjährige Gedenkfeier begann um 16.30 Uhr auf dem Platz der Alten Synagoge mit einer Ansprache von Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach 9:34 (Oberbürgermeister Martin Horn hatte aus gesundheitlichen Gründen abgesagt) und Redebeiträgen von Irina Katz, der Vorsitzenden der Israelitischen Gemeinde Freiburg 10:03 sowie Cornelia Haberlandt-Krüger, Vorsitzende der Egalitären Jüdischen Chawurah Gescher 11:15. Allesamt mahnten an, dass die Geschichte eine Lehre sein sollte und warnten vor einem Wiedererstarken des Antisemitismus, was aus aktuellen Ereignissen ersichtlich sei. 

Anschließend gaben die Schauspielerin Natalia Herrera und der Sprecher Achim Barrenstein behördliche Anordnungen, Anweisungen sowie Berichte und Briefe von nach Gurs Deportierten zum Besten - als szenische Lesung. 16:56 Währenddessen hatte es angefangen zu regnen und das verdeutlichte die Tragik der Lesung, wie auch den gesamten Kontext der Gedenkfeierlichkeit.

Abschließend beteten Moshe Hayoun (Israelitishe Gemeinde Freiburg) und Dr. Annette M. Böckler (Egalitäre Jüdische Chawurah Gescher) zum Gedenken an die Opfer der Shoah, El Male Rachamim und Kaddisch. 4:59